Vietnam – Zahlen und Fakten
Nach dem russisch-japanischen Krieg entstand auch in Vietnam eine nationale, antikoloniale Bewegung, aus der 1941 die kommunistisch geführte Kampforganisation Viet-Minh unter Ho Chi Minh hervorging. Während des 2. Weltkriegs leistete sie mit ihren Partisanenverbänden der japanischen Besatzungsmacht stärksten Widerstand. 1945 dankte Kaiser Bao-Dai ab. Ho Chi Minh proklamierte am 2. 9. 1945 die Unabhängigkeit und rief die Demokratische Republik Vietnam aus. Frankreich erkannte sie als unabhängigen Staat im Rahmen der Französischen Union an, doch blieben entscheidende Fragen ungeklärt, und es kam bald zu heftigen Auseinandersetzungen. Am 19. 12. 1946 begann mit Partisanenangriffen der Viet-Minh auf die französischen Truppen ein langwieriger Kampf (Indochinakriege). In seinem Verlauf konnte die Viet-Minh von der Guerilla- zur regulären Kriegführung übergehen und mit der Einnahme von Diên Biên Phu am 7. 5. 1954 die französische Niederlage besiegeln. Das Genfer Indochina-Abkommen vom 21. 7. 1954 teilte das Land entlang dem 17. Breitengrad provisorisch in eine Nordzone, die der Viet-Minh überlassen wurde, und eine Südzone, in der französische Truppen verblieben. Über die Wiedervereinigung sollte eine Volksabstimmung entscheiden. Nordvietnam (Demokratische Republik Vietnam) entwickelte sich zu einer kommunistischen Volksrepublik. 1953 wurde eine Bodenreform eingeleitet und die Landwirtschaft kollektiviert. Mit Unterstützung der kommunistischen Staaten wurde die Industrialisierung in Angriff genommen. Die herrschende kommunistische Lao-Dong-Partei steuerte im sowjetisch-chinesischen Konflikt einen Mittelkurs.
In Südvietnam regierte zunächst der von den Franzosen wiedereingesetzte Bao-Dai als Staatschef. Er wurde 1955 von Ministerpräsident Ngo Dinh Diem gestürzt, der sich zum Präsidenten der Republik Vietnam machte. Diem fand die Unterstützung der USA, die als Schutzmacht an die Stelle Frankreichs traten und beträchtliche Wirtschaftshilfe leisteten. Durch seine diktatorische Politik entfremdete sich Diem viele Anhänger und auch die USA; er wurde 1963 gestürzt und ermordet. Nach seinem Tod kam es in rascher Folge zu mehreren Putschen und Regierungswechseln. Von 1967 bis 1975 war General Nguyen Van Thieu Staatspräsident.
Die Weigerung Südvietnams, eine Volksabstimmung über die Wiedervereinigung abzuhalten, und die Missstände unter dem Diem-Regime bewirkten seit 1957 ein Wiederaufleben der Tätigkeit kommunistischer Guerillas (Viet-Cong) in Südvietnam, die von Nordvietnam aus unterstützt wurde. Es kam zum Vietnamkrieg, in den auch die Nachbarländer Kambodscha und Laos hineingezogen wurden. Nach verheerenden und verlustreichen Kämpfen endete der Krieg 1975 mit dem Sieg der Kommunisten. Eine „provisorische Revolutionsregierung“ übernahm zunächst in Südvietnam die Macht.
Die Sozialistische Republik Vietnam. Am 2. 7. 1976 wurde die Wiedervereinigung von Nord- und Südvietnam zur Sozialistischen Republik Vietnam vollzogen. Im Süden wurde mit harten Zwangsmitteln die kommunistische Umgestaltung der Gesellschaft eingeleitet. Auf die gleichfalls kommunistisch gewordenen Nachbarländer Laos und Kambodscha suchte Vietnam beherrschenden Einfluss zu gewinnen. In Laos gelang dies bereits 1975. Mit Kambodscha kam es seit 1977 zu militärischen Auseinandersetzungen. Dadurch und wegen der diskriminierenden Behandlung der im Lande lebenden Chinesen (von denen Hunderttausende flohen) geriet Vietnam mit dem Kambodscha stützenden China in Konflikt. Während sich Vietnam im sowjetisch-chinesischen Konflikt bisher neutral verhalten hatte, schwenkte es nun auf die sowjetische Position ein. 1978 trat es dem COMECON bei und schloss einen Freundschaftsvertrag mit der UdSSR. 1979 besetzten vietnamesische Truppen Kambodscha und setzten dort ein Satellitenregime ein. Daraufhin unternahmen chinesische Streitkräfte eine begrenzte „Strafaktion“ gegen den Norden Vietnams, die trotz hoher Verluste erneut die militärische Stärke Vietnams unter Beweis stellte.
Die stark überalterte Führung des Landes wurde 1986/87 durch etwas jüngere Politiker abgelöst. Neuer Generalsekretär der Kommunistischen Partei (früher Lao-Dong-Partei) wurde Nguyen Van Linh. 1989 zog Vietnam seine Truppen aus Kambodscha ab. Unbeeindruckt von der sowjetischen Reformpolitik hielt Vietnam am Sozialismus fest. Nur auf wirtschaftlichem Gebiet kam es zu einer Liberalisierung. 1991 wurde Do Muoi neuer Parteichef. 1992 trat eine neue Verfassung in Kraft. 1995 erfolgte die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zu den USA. Seit 1997 vollzog sich ein Generationenwechsel in der Staats- und Parteiführung. Neues Staatsoberhaupt wurde Tran Duc Luong, neuer Ministerpräsident Phan Van Khai und neuer Generalsekretär der KP Le Kha Phieu.
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